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Cultural Migration in Autobiography Grundtvig Partnerships 2009-2011

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Wie Tuna die Nadelstiche bekam Annabella Akcal

Tuna hat meine Mutter beschumpfen. Das macht man nicht, mit sieben Jahren, die Mutter beschimpfen, macht man nicht. Ich hab mich so etwas noch nicht getraut.

Ich habe immer nur vor mich her oder in mich hinein geschumpfen. Meine Mutter jagt meine kleine Schwester mit Geschrei durch die Wohnung. Sie flucht. Sie verflucht meine kleine Schwester.

Aytül und ich kümmern uns nicht darum. Wir sitzen in unserem Zimmer und machen unsere Hausaufgaben. Aber in mir ist es ganz heiß. Die Wohnung riecht noch nach Lahmacun.

Das hatten wir zu Mittag. Aytül und ich haben uns gleich, nachdem wir aus der Schule kamen, die Hände gewaschen, und haben beim Backen mithelfen müssen. „Damit ihr, wenn ihr mal einen Mann habt, ihm Lahmacun machen könnt,“ hat meine Mutter gemeint. Tuna hat nicht mitgeholfen, und dann hat meine Mutter gebrüllt, dass alle ihre Töchter Lahmacun machen können müssen.

Und Tuna hat „ağsina sicim“ zu ihr gesagt. Tuna darf alles, wir haben so viel nicht dürfen, was Tuna alles darf. Dann hat Tuna doch mitgeholfen. Aytül hat das Geschirr gespült, ich habe abgetrocknet und das Geschirr weggeräumt und wir haben gegessen.

Jetzt wird eben mal Tuna durch die Wohnung gejagt. Morgen bin es wieder ich, oder meine ältere Schwester. Tuna wird selten durch die Wohnung gejagt. Ich kann meine Hausaufgaben nicht machen, weil es so laut ist. In mir ist es immer noch ganz heiß.

Vom Esszimmer, über das Wohnzimmer, in den Flur, in die orange-farbene Küche, die mein Vater selbst gebaut hat, wieder ins Esszimmer – ein Rundgang, eine Rundjagd.

Es dauert eine Weile, bis meine Mutter sie kriegt. Tuna lacht, es hat ihr Spaß gemacht. Meine Mutter schleppt meine Schwester ins Bad. Sie ruft Aytül und mich zur Hilfe. Wir stehen von unseren Tischen auf und gehen ins Bad. Meine Mutter hält Tunas Hände fest, sie hat die Kleine auf den Boden niedergedrückt und stemmt ihr rechtes Knie gegen ihren kleinen Körper. Tuna wehrt sich. Sie lacht nicht mehr, sondern hat jetzt Angst.

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